Bericht vom 29. Commerzbank Frankfurt Marathon (31. Oktober 2010)


Der Berlin-Marathon 2009 verlief für mich – zum Ende hin – ziemlich frustrierend, ohne hier weiter ins Detail gehen zu wollen. Jedenfalls beschloss ich für mich, dass ich keine weiteren Marathons mehr laufen möchte, dass mit diesem BM 2009 Schluß sei und ich mich künftig auf kleinere Distanzen (HM, 10er) konzentriere. Mit dieser Entscheidung war ich für mich selbst „im Reinen“ und konnte gut damit leben.

Aus verschiedensten Gründen, die hier darzulegen den Rahmen sprengen würde, so dass ich an dieser Stelle darauf verzichte, sie im einzelnen zu beschreiben, reifte in mir der Entschluss, es „noch einmal – ein einziges Mal“ mit dem Marathon auszuprobieren, aber nur unter der Voraussetzung dass es mir gelingen würde, diesen ohne Einbruch zu laufen, eine neue Bestzeit aufstellen zu können und festzustellen, dass ich wirklich noch Fortschritte machen kann. Ich hatte wirklich überhaupt gar kein Interesse daran, einen x-ten Marathon über vier Stunden zu laufen, nur um die reine Anzahl der Teilnahmen nach oben zu schrauben. Wenn überhaupt, dann musste es schon ein ambitionierter Wettkampf sein, bei dem auch ein entsprechendes Ergebnis dabei herausspringt. Mit anderen Worten: ich wollte es noch mal „so richtig“ wissen. Sollte mir dies nicht gelingen, würde ich das Thema Marathon dann aber auch wirklich „ad acta“ legen. Sollte mir dies jedoch gelingen, dann würde ich weiterhin ambitioniert versuchen, dranzubleiben.

Mir war sonnenklar, dass ein solches Vorhaben nur zu erreichen wäre, wenn ich mich sehr gewissenhaft, konsequent und mit stoischer Unbeirrbarkeit an einen vernünftigen Trainingsplan halte und mich nicht (wie in der Vergangenheit zumindest teilweise geschehen) eher „nach Lust und Laune und subjektiv empfundener Erfahrung“ vorbereite.

Meine letzte Bestzeit (03:58:57 im Jahre 2006 in Paris) hatte ich damals ebenfalls dadurch erreicht, dass ich sehr gut vorbereitet war, einen Trainingsplan weitgehend konsequent eingehalten hatte und dadurch nicht nur rein körperlich, sondern vor allem auch mental gut vorbereitet war. Mental, weil ich sozusagen „wusste“, dass eigentlich nichts schiefgehen kann, weil ich ja eine gute physische Basis gelegt hatte. Ein übler Sturz nach 22 Kilometern führte in Paris seinerzeit zwar dazu, dass ich das Tempo reduzieren musste, doch letztlich gelang es mir – trotz Sturz, Wunde und Verletzung am Kinn – jene Bestzeit zu laufen und ich dachte mir, dass ja unter normalen Umständen (sprich: ohne solch einen Sturz) eine noch viel bessere Zeit drin sein müsse.

Da ich aus diesem Bericht hier kein „Epos“ machen möchte, lasse ich das „Auf und Ab“ der letzten Jahre weg und springe zu dem Punkt in diesem Sommer, wo ich beschloss, also noch mal einen Marathon zu laufen. Sehr schnell fiel die Entscheidung für Frankfurt. Zum einen, weil Frankfurt eine gute, schnelle, bestzeitenfähige Strecke hat und zum zweiten, weil ich noch nie den vollen Marathon hier in meiner Wahlheimat-Stadt (in der ich seit 2002 lebe) gelaufen war. Nach Berlin (4x), Hamburg, Ruhrgebiet, Paris und New York City war nun also endlich mal das (wahl-)heimische Frankfurt an der Reihe.

Wie schon für Paris 2006, so zog ich – aus dieser guten Erfahrung heraus – wieder einen Trainingsplan von Herbert Steffny zu Rate. Mit der Zielzeit von unter 03:45h. Zwar erschien mir 03:45h zu Beginn meines Trainings zunächst noch als viel zu ambitioniert, mein Ziel war zunächst einfach und ganz simpel „nur“ eine neue Bestzeit. Also mit allem, schneller als 03:58h wäre ich schon zufrieden gewesen. Aber genau aus diesem Grunde erschien mir auch der Trainingsplan für lediglich unter 4h auch nicht ambitioniert genug, weshalb ich mich eben dem 03:45her zugewendet habe und dachte, wenn ich diesen Trainingsplan systematisch befolge, schaffe ich mir damit einen Unterbau, um locker und leicht eine neue Bestzeit zu erreichen.

Sämtliche Kilometerumfänge und Trainingszeiten, sowie Umfänge und Zeiten der Intervalltrainings dieses Trainingsplanes habe ich in den letzten Wochen völlig ohne jegliche Probleme und ohne größere Anstrengung absolviert. Das ganze Training war für mich zwar intensiv, aber keineswegs so, dass ich auch nur annähernd an meine Grenzen gestoßen wäre. Daraus leite ich bereits heute ab, dass ich für den nächsten Marathon (im Mai 2011 in Mainz) noch ambitionierter werde trainieren können.

Einen Fehler, den ich bei allen bisherigen Marathon-Vorbereitungen gemacht hatte, habe ich diesmal nicht wiederholt. Ich habe die alte „Läuferweisheit“ (ist es wirklich eine solche? Ich hinterfrage dies inzwischen berechtigterweise), die langen Läufe möglichst langsam zu machen, nicht beherzigt, sondern bin sie – ganz im Gegenteil – viel schneller angegangen, als ich es selbst bis vor kurzem für mich und meine Fähigkeiten noch möglich gehalten hätte. Ich habe begonnen, mir – was das Tempo betrifft – vielmehr zuzutrauen, als zuvor. War ich bislang immer sehr defensiv nach der Methode „möglichst nicht zu schnell, lieber ganz langsam“ vorgegangen, so orientierte ich mich diesmal eher an der Methode „gib Gas! Versuch’s einfach! Zeig, was in Dir steckt! Trau Dich!“ und lief somit meist einen kleinen Tick schneller, als im Trainingsplan vorgesehen, was mir nicht die geringsten Probleme bereitete und auch Endbeschleunigungen (wie vom Trainingsplan auch vorgesehen) waren völlig problemlos möglich. Das gab mir mehr und mehr ein Vertrauen in meine Fähigkeiten und auch mehr und mehr den „Mut“, mir höheres Tempo in Training und Wettkämpfen gerade auch auf längeren Distanzen zuzutrauen. Es folgten ein 10er in der Wetterau und ein Halbmarathon in Osthessen als Testwettkämpfe, wo ich bei beiden deutliche neue Bestzeiten erringen konnte. Auch dies gab mir die unerschütterliche Zuversicht, beim Frankfurt-Marathon meine bisherige Bestzeit deutlich unterbieten zu können.

Doch dann gab es einen Schreckmoment. Wie oben schon beschrieben, wollte ich mich doch sehr konsequent am Trainingsplan orientieren und habe auch keine einzige Trainingseinheit ausgelassen, bis zum 30. September. Da musste ich – aus terminlichen Gründen – eine Trainingseinheit ausfallen lassen und bekam gleich einen Schreck, weil ich mein Gesamt-Projekt, mein Ziel ernsthaft in Gefahr sah. (Frei nach dem Motto, wenn ich den Trainingsplan nicht ganz konsequent inclusive jeder einzelnen Einheit einhalte, dann wird das nichts). Es folgte ein Posting im Berliner Marathon-Forum mit sehr erfahrenen Marathonis und ich bin ihnen bis heute sehr für ihre Tipps und Informationen dankbar – sie haben mir sehr weitergeholfen und haben mir gezeigt (und letztlich auch bewiesen), dass es nicht weiter dramatisch ist, wenn man einmal eine einzige Einheit auslassen muss. Bis auf dieses eine mal, gelang es mir aber bis zum Schluß mich mit stoischer Unbeirrbarkeit, nach dem Steffny-Trainingsplan zu richten.

Am Vortag beim Brezellauf (das ist der Frühstückslauf hier in Frankfurt) lief auch „mein“ Trainer, nämlich der dreifache Frankfurt-Marathon-Sieger Herbert Steffny, mit. „Mein“ Trainer, wenn schon nicht persönlich, so habe ich mich eben nach seinem Trainingsplan in seinem Laufbuch gerichtet. Ich habe ein paar wenige Worte mit ihm gewechselt und er sagte noch: „aber trotzdem morgen ganz langsam und vorsichtig angehen“. (Und ich dachte für mich in diesem Moment nur: „warum? Warum soll ich langsam und vorsichtig angehen? Ich bin doch optimal vorbereitet und werde ganz ambitioniert eine neue Bestzeit angehen. Es gibt doch gar keinen Grund für unnötige Vorsicht“).

Dank Zeitumstellung und der Tatsache, dass der Start nur wenige U-Bahn-Stationen von meiner Wohnung entfernt ist, konnte ich in Ruhe ausschlafen und mich dann gemütlich und stressfrei zum MesseTurm aufmachen.

Ich wollte 05:20er-Schnitt laufen, was für unter 03:45h ausgereicht hätte. Vom Startblock her war ich eingeteilt für den Startblock der Läufer von 03:45h bis 04:00h und nicht dem Startblock bis 03:45h. In jenem Startblock war jedoch auch der 03:44:59h-Zugläufer und zwischen diesen beiden Startblocks befand sich noch ein weiterer Startblock mit den ganzen Staffel-Läufern. (Und natürlich habe ich mich in denjenigen Startblock eingereiht, für den ich offiziell vorgesehen war, habe mich also nicht in den schnelleren Startblock „reingeschummelt“). Somit war klar, dass dieser Zugläufer „meiner“ Zielzeit deutlich vor mir die Startlinie überqueren würde und sollte ich ihm während des Laufs begegnen und an ihm dranbleiben, dann wäre allemal (netto) diese Zeit problemlos drin.

Auf den ersten Kilometern hieß es dann vor allem Staffel-Läufer (die ja – wie gesagt – direkt im Startblock vor mir gestartet waren) zu überholen. Durch diese ganzen Überhol-Aktionen gelang es mir nicht wirklich, im 05:20er-Schnitt zu bleiben, sondern ich war leider meist deutlich schneller. Aus Vernunftgründen versuchte ich immer wieder das Tempo ein klein wenig zu drosseln, da ich natürlich nicht den Fehler machen wollte, zu schnell loszurennen. Da musste ich mich auf der ersten Hälfte mehrfach wirklich bremsen. Es hätte mir – von meiner Energie und meinem subjektiv empfundenen Können – keine Schwierigkeit bereitet konsequent im 05er-Schnitt zu laufen. Doch wollte ich mein ambitioniertes Ziel nicht dadurch gefährden, dass ich mir durch ein zu schnelles Loslaufen das Risiko eines entsprechenden „Einbruchs“ hintenraus einhandle. Somit versuchte ich immer und immer wieder, mich auf einen 05:20h-Schnitt hinunterzubremsen. Fast bis zum Schluss. Langsamer als 05:20h pro Kilometer war ich eigentlich so gut, wie nie.

Das Wetter war optimal: trocken, Sonnenschein und Temparaturen im unteren zweistelligen Bereich. Einen Großteil der Strecke kannte ich bereits, da ich in den vergangenen Jahren als Staffel-Läufer immer wieder unterschiedliche Teilstrecken des Frankfurt-Marathons gelaufen war. Lediglich die Teilstrecke zwischen Niederrad und Nied via Schwanheim und Höchst war neu für mich.

Auf der Mainzer Landstraße, als sich die Kilometer langsam aber sicher im 30er Bereich nach oben schraubten, konnte ich dann eine ganz neue Erfahrung genießen. Und das meine ich durchaus wörtlich: genießen! Von „Einbruch“, von einer subjektiv empfundenen „Notwendigkeit“, das Tempo deutlich zu reduzieren, keine Spur; von einem Hammer-Mann erst recht nicht. Ich spulte einfach Kilometer für Kilometer unbeirrbar und frohgemuts weiter runter und freute mich, wie problemlos ich Schritt für Schritt dem Ziel näher kam. Ich genoß diesen Marathon regelrecht! Vom ersten Schritt an bis zum Ziel. Als bei Kilometer 40 immer noch kein „Einbruch“ weit und breit zu spüren und zu erwarten war, rechnete ich mir aus, dass ich jetzt, wenn ich von nun an noch mal so richtig Gas gebe, sogar unter 03:40h bleiben könnte. Und somit begann ich also regelrecht zu „sprinten“. Erstaunlicherweise hatte ich also noch ein gehöriges Quäntchen „überschüssiger Energie“. Bei Kilometer 41 überholte ich dann endlich den 03:44:59her-Zugläufer (der ja – wie gesagt – einige Minuten vor mir gestartet war) und „flog“ regelrecht ins Ziel in die Frankfurter Festhalle, wo ich überglücklich mit 03:39:49h ankam und meine bisherige Bestzeit damit um 19 Minuten unterboten habe.

Jetzt folgt erstmal ausführlich Regeneration (dank des guten Trainings hält sich mein Muskelkater heute ziemlich in Grenzen) und andere Themen werden in den kommenden Wochen im Vordergrund stehen und eine höhere Priorität genießen, als das Laufen. Doch dann werde ich beginnen, im neuen Jahr für meinen nächsten Marathon (für Mainz im Mai 2011 bin ich bereits angemeldet) zu trainieren. Wieder nach Herbert Steffny und wieder mit entsprechenden Ambitionen. Doch bis dahin fließt noch viel Wasser den Main runter, der übrigens nur wenige Kilometer westlich von Frankfurt – ausgerechnet in Mainz – in den Rhein mündet …

Meine Splits (da ich – wie beschrieben – am Anfang wegen des Überholens oft schneller war, als gewollt, gab’s „leider“ einen positiven Split, aber mit dem Endresultat bin ich natürlich dennoch hochzufrieden):

5 km: 00:25:20 – 25:20 – Schnitt: 05:04
10 km: 00:51:20 – 26:00 – Schnitt: 05:13
15 km: 01:17:10 – 25:50 – Schnitt: 05:10
20 km: 01:43:33 – 26:23 – Schnitt: 05:17
HM: 01:49:18 – 05:45 – Schnitt: 05:16
25 km: 02:09:47 – 20:29 – Schnitt: 05:15
30 km: 02:36:26 – 26:39 – Schnitt: 05:20
35 km: 03:02:34 – 26:08 – Schnitt: 05:14
40 km: 03:29:11 – 26:37 – Schnitt: 05:20
Netto: 03:39:49 – 10:38 – Schnitt: 04:52



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© Oktober 2010 erstellt von Martin J. Zimmermann.
Letzte Änderung dieser Seite: 01. November 2010.